„SMA Speichersysteme passen sich allen Situationen an“

Solarstrom selbst in netzfernen Regionen: an dieser Vision arbeiten Volker Wachenfeld und Martin Rothert seit 2001 mit viel Engagement. Mittlerweile ist ihre Idee mit über 1 Gigawatt installierter Batterie-Wechselrichter-Leistung zu einem Verkaufsschlager geworden. Wir haben die beiden SMA Experten zur Marktentwicklung, Chancen und persönlichen Highlights befragt.   

 

Volker Wachenfeld

Volker Wachenfeld ist Executive Vice President der SMA Business Unit Offgrid & Storage.

Jede zweite Solaranlage wird inzwischen mit einem Speicher ausgestattet. Wann werden Batterie-Speicher zur massentauglichen Zukunftstechnologie?

Volker: Ich denke, da fehlt gar nicht mehr viel. Der Erfolg von Heimspeichern in Verbindung mit Photovoltaik-Anlagen (PV) im Residential-Segment hat da einen wichtigen Grundstein gelegt. Die Möglichkeit zu einer individuellen Kaufentscheidung bei überschaubaren Kosten und kommunizierbarem Nutzen – da braucht es kaum politische Rahmenbedingungen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wären natürlich größere Speicher an zentralen Punkten im Netz effizienter. In vielen Ländern gibt es dafür jedoch noch regulatorische Hürden – Speicher sind beispielsweise in Deutschland immer noch sowohl ein Stromverbraucher als auch ein Erzeuger. Sie müssen sämtliche Anforderungen an beide Arten der Betriebsmittel erfüllen, die Betreiber dadurch auch sämtliche nur vorstellbaren Abgaben zahlen. Diese Hürden müssen meines Erachtens noch verschwinden, dann wird der Speicher sich überall auf der Welt durchsetzen.

 

Martin Rothert, SMA

Martin Rothert ist SMA Head of Product Group Residential & Commercial.

Wie sieht das perfekte Speichersystem aus?

Martin: Das perfekte Speichersystem ist modular und flexibel, denn es muss an die jeweiligen Kundenbedürfnisse bestmöglich angepasst werden! Überall wo die Stromerzeugungskosten für PV-Anlagen unter den Stromkosten aus dem Netz liegen, ist eine verbrauchsgerechte Bereitstellung der selbsterzeugten Energie am wichtigsten. Deshalb muss sich das System jederzeit an ein geändertes Verbrauchsverhalten anpassen lassen. Der Verbrauch ist aber sehr individuell und unterscheidet sich erheblich. Bei landwirtschaftlichen Betrieben etwa gibt es deutliche Unterschiede zwischen einem Schweinemastbetrieb und einem Milchviehbetrieb. Auch im privaten Bereich gibt es enorme Unterschiede, was den Stromverbrauch und das Lastprofil betrifft. Da PV-Speichersysteme mindesten 10 Jahre, eher aber 20 bis 30 Jahre halten sollen, müssen sie in der Lage sein, sich allen Änderungen im Verbrauch in dieser Zeit anpassen zu können. In 30 Jahren, also etwa 2050, müssen wir uns zu mehr als 80 Prozent CO2-neutral versorgen, so dass elektrisches Heizen und E-Mobile wie selbstverständlich zu unserem Alltag gehören werden.

 

Was ist dein persönliches Speicher-Highlight?

Volker: Für mich ganz klar: das Erreichen von 1 GW installierter Systemleistung mit SMA Batterie-Wechselrichtern. Noch vor wenigen Jahren hätte ich mich nicht getraut, eine Prognose zu wagen. Der Markt war reif und wir hatten die passenden Produkte – dennoch haut es mich regelrecht um. Im Zuge der großen Erfolge der PV-Technologie mit und nach dem EEG waren die Speicher eher ein zartes Pflänzlein, das durch den Durchbruch der PV als erfolgreichste Technologie im Kontext dezentraler Energieversorgung wachsen konnte. Ohne die Volatilität solarer Erzeugung wäre heute noch kaum Bedarf für Speicher. Natürlich war nicht jede unserer Entwicklungen auf Anhieb ein Erfolg, aber alle waren wichtig für die Erreichung des Zieles.

Setzt auf Hybridversorgung: Die schottische Insel Eigg Island ist bis heute nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Seit 2008 betreiben die rund 100 Bewohner deshalb ihr eigenes Inselnetz.

Martin: Bei geschätzt 70.000 Speichersystemen, die seit 2001 mit SMA Batteriewechselrichter aufgebaut wurden, und heute fast alle noch laufen ist dies keine einfache Frage. Für mich ist die bis heute wohl außergewöhnlichste Anlage Eigg Island. Die schottische Insel wird nun seit zehn Jahren zu über 95 Prozent mit regenerativem Strom versorgt. Das Besondere ist hier die Kopplung von drei unterschiedlichen regenerativen Erzeugern: Wasser-, Wind- und Solarstrom, die dezentral über ein Mittelspannungsnetz verbunden wurden. Gesteuert wird es über ein Sunny Island Multiclustersystem mit einer für diese Anwendung recht kleinen Batterie. Der vorhandene Dieselgenerator spring nur in den sehr seltenen Fällen an, wenn weder Wasser-, noch Wind-, noch Solarenergie zur Verfügung steht. Diese Anlage zeigt tagtäglich, dass eine 95% erneuerbare Stromversorgung auch heute schon mit einer sehr hohen Zuverlässigkeit möglich ist. Aufgrund des steigenden Stromverbrauchs auf der Insel soll nun nach zehn Jahren die erste Batterie getauscht und das System erweitert werden. Dies zeigt auch noch mal die Wichtigkeit der modularen und flexiblen Systemtechnik.

 

Der Speichermarkt wächst rasant. Gibt es Lösungen für die Wiederverwendung von Alt-Batterien bzw. was passiert mit ausgedienten Batterien?

Martin: Bleibatterien werden schon heute zu über 98 Prozent recycelt. Aus dem Blei werden auch wirklich wieder Bleibatterien! Bei Li-Ionen-Batterien ist man noch nicht ganz so weit, arbeitet aber auch hier sehr intensiv an Lösungen, vor allem um die wertvollen Metalle wiederzuverwerten!

 

Kooki, Uganda, Solarstrom für eine Berufsschule

Lest mehr über die Erfolgsgeschichte Speicher in unserem Blogbeitrag: „1 Gigawatt SMA Batterie-Wechselrichter-Leistung“

Was waren die entscheidenden Produktentwicklungen für 1 GW SMA Speicherleistung?

Martin: Es gab aus meiner Sicht drei entscheidende Produktentwicklungen. Erstens: Der erste Sunny Island 3300 der 2001 in den Markteingeführt wurde. Revolutionär war hier die AC-Kopplung und das modulare Systemkonzept, so dass drei einphasige Wechselrichter erstmals zu einem echten Drehstromsystem verschaltet werden konnten, aber auch 1-phasig und 3-phasig parallelgeschaltet werken konnten! Zweitens: Der Sunny Island 5048, der 2006 den Kostendurchbruch für AC gekoppelte Off-Grid Systeme gebracht hat und durch die SMA Multiclustertechnologie das modulare Systemkonzept auf Systeme bis 300 Kilowatt erweitert hat. Bis heute basieren alle Sunny Island Wechselrichter auf dieser sehr erfolgreichen Plattform mit inzwischen über 100.000 Geräten! Und drittens: Der Sunny Boy Storage 2.5, mit dem SMA 2016 erstmals einen Hochvolt-Batterie-Wechselrichter für AC gekoppelte On-Grid Systeme und speziell abgestimmt auf Li-Ionen Batterien auf den Markt gebracht hat!

 

Mit dem großen Bruder des kleinen Sunny Island, dem Sunny Central Storage, hat SMA hinsichtlich der installierten Leistung einen gewaltigen Schritt nach vorne getan. Was sind die jeweiligen Hauptanwendungsgebiete?

Martin: Ohne den Sunny Central Storage hätten wir die 1 GW Leistung erst in einigen Jahren erreicht. Der Sunny Central Storage war möglich, da schon bei der Entwicklung des neuen Sunny Central die Anforderungen für einen zentralen Batteriewechselrichter berücksichtigt wurden und wir über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Speicherbereich verfügen. Das war eine gute Kombination. Der Sunny Central Storage kann jetzt genauso flexibel eingesetzt werden wie ein Sunny Island. Am Netz wird er für Netzdienstleistungen wie z.B. Frequenzregelung und Spannungsstützung genutzt oder zur Versorgung einer ganzen Insel. Durch die einfache Parallelschaltung auch im netzbildenden Bereich gibt es kaum mehr eine Leistungsbegrenzung nach oben!

 

100 % Solarstrom für Karibikinsel St. Eustatius

 

Wo liegen künftig die größten Herausforderungen bezüglich der Speicherung von Energie?

Volker: Batteriespeicher werden sich im Markt durchsetzen, der Bedarf in den Netzen und in kommerziellen Kundenanlagen ist riesig, und technisch gibt es derzeit kaum eine Alternative. Allerdings steht die stationäre Applikation in spürbarem Wettbewerb mit der Elektromobilität. Der Einsatz der gleichen Technologie erlaubt Skaleneffekte, sorgt aber auch für Allokation und Unsicherheit in der Preisentwicklung. Wir werden kurzfristig mit einem stagnierenden, zumindest aber nicht mehr so stark sinkenden Preisniveau bei den Batteriezellen rechnen müssen. Die Effekte kennen wir aus der Photovoltaik – schwankender Bedarf, Projektverzögerungen, weil auf Preisreduktionen gewartet wird, Wettbewerbsdruck. Die eine oder andere Durststrecke wird zu überstehen sein.

 

Wenn du ein SMA Batterie-Wechselrichter wärst… 

Ich wäre ein Sunny Island-Wechselrichter bei mir im Keller. In dem aktuellen Sunny Island steckt die Erfahrung von über 20 Jahren meines Berufslebens. In meinem Keller wäre ich, damit ich auch weiterhin nahe bei meiner Familie sein kann!

Martin Rothert

 

Deine Vision für das Jahr 2025?

Volker: Die e.on hat kürzlich in Großbritannien angekündigt, dass sie ihre Sparte umtaufen von „Solar plus Storage“ in „Storage plus Solar“. Warum ist das interessant? Der Speicher wird in der Einfamilienhaus-Applikation die Kaufentscheidung treiben, die PV-Anlage oft nur als Option dazu gekauft werden. PV-Großkraftwerke ohne Speicher wird es in den „erwachsenen“ Märkten auch nicht mehr geben – Photovoltaik wird grund-, mittel- und spitzenlastfähig, durch die Kombination von Erzeugung und Speicherung. Das sollte in 2025 längst Realität sein.

Martin: In Zukunft wird nicht so sehr die Erzeugung der Energie die entscheidende Rolle spielen. Diese wird durch Solar, Wind, Wasser und Biomasse sehr kostengünstig möglich sein. Entscheidend wird die bedarfsgerechte Bereitstellung und Steuerung der Energie sein und dies ist nur mittels Speichern und der entsprechenden Systemtechnik möglich. Das autarke und dezentrale Energiesystem kann verglichen werden mit einem Menschen, der aus energetischer Sicht nichts anderes ist als ein autarkes Biomassekraftwerk. Der Magen-Darmtrakt ist das Kraftwerk, das den Menschen mit Energie versorgt. Im Fett und den Muskeln wird die Energie gespeichert und über das Blut transportiert. Entscheidend aber ist das Herz, welches die Energie bedarfsgerecht überall hin liefert! Selbst ohne Interaktion mit dem Gehirn laufen diese Prozesse autonom ab. Das Gehirn ist nur für die übergeordnete und längerfristige Koordination wie etwa bei Hungergefühl notwendig. Übertragen auf ein autarkes PV-Batteriesystem bedeutet dies, der Magen-Darmtrakt ist der PV-Wechselrichter, die Fettzellen stellen die Batterie dar, das Gehirn ist der Energiemanager und das Blutsystem sind die Stromleitungen. Entscheidend aber ist der Batterie-Wechselrichter, der wie das Herz dafür zuständig ist, dass stets an der richtigen Stelle zum richtigen Zeitpunkt die richtige Menge Energie ankommt!

 

Volker und Martin, vielen Dank für das Gespräch.

 

2 Kommentare
  1. Bruggmann Hans
    Bruggmann Hans sagte:

    Über den Preis und die Amortisation, resp. wieviel kWh man produzieren muss bis er bezahlt ist, spricht niemand.

    Antworten
    • Anke Baars
      Anke Baars sagte:

      Hallo Hans,
      das stimmt, denn sowohl die Investitionskosten als auch die Amortisationszeit sind sehr individuell. Sie hängen von verschiedenen Faktoren wie Anlagengröße, Anlagenstandort, Nutzungsverhalten, vorhandenen Förderprogrammen sowie steuerlichen Regelungen ab. In diesem Beitrag findest du unten eine Anleitung, mit der du zumindest grob überschlagen kannst, wann sich deine Anlage rechnet. Tatsächlich sind die Preise für Batterien in den letzten Jahren stark gesunken und sie tun es noch; Solarstrom aus der eigenen Anlage ist heute bereits wirtschaftlicher als der aus fossilen Energieträgern.
      Ich nehme aber an, dein Kommentar zielt in eine andere Richtung: Ein Speichersystem ist immer eine Investition – aber es geht den meisten Anlagenbetreibern dabei nicht in erster Linie ums Geld, sondern um eine Lebenseinstellung. Sie investieren mit ihrem Speichersystem in die Zukunft, weil sie aktiv zum Klimaschutz beitragen wollen und weil sie sich mit ihrem nachhaltig erzeugten Solarstrom unabhängig vom Energieversorger machen wollen. Näheres dazu findest du auch im oben genannten Blogbeitrag, oder sprich uns gerne noch mal dazu an.
      Viele Grüße,
      Anke

      Antworten

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